Neue Orte der Arbeit – Coworking Spaces in Deutschland

Durch die Digitalisierung und neue gesellschaftliche und unternehmerische Anforderungen hat sich die Organisation der Arbeit in den letzten beiden Jahrzehnten gravierend verändert. Zu beobachten ist eine zunehmende räumliche, zeitliche und organisatorische Flexibilisierung der Arbeit. Dabei gewinnt das aus den USA stammende Arbeitsmodell Coworking zunehmend an Bedeutung. Aktuelle interaktive Karten zeigen die Verbreitung der Coworking Spaces in Deutschland und geben Aufschluss über Typen, Betreiber und Mietpreise.

Im Mittelpunkt des Coworking stehen die Gemeinschaft und der Austausch der Nutzerinnen und Nutzer untereinander. Das entscheidende Merkmal von Coworking ist, durch Kollaboration Synergien zu schaffen, die die Arbeit der Coworkerinnen und Coworker positiv beeinflussen. Der gemeinsame Raum für diese Art von New Work ist der Coworking Space. Coworking Spaces bieten die Möglichkeit eines zusätzlichen Arbeitsortes neben dem klassischen Arbeitsplatz im Unternehmen oder dem Arbeitszimmer zuhause. Bei einer größeren räumlichen Verbreitung von solchen alternativen Arbeitsorten ergeben sich neue Möglichkeiten bei der Wahl des Arbeits- und Wohnortes. Dies wiederum kann Auswirkungen auf die Arbeitsmobilität haben.

Karte 1

Angebot und Nachfrage in den Ballungsräumen am höchsten
Im Rahmen des BBSR-Forschungsprojektes „Neue Arbeitsformen durch die Nutzung digitaler Infrastruktur (Coworking) und deren verkehrliche und städtebauliche Implikationen“ wurden 2021 insgesamt 1.223 Standorte mit Coworking-Arbeitsplätzen erhoben (Glossar; Karte 1). Dabei ist erwartungsgemäß eine Konzentration der Standorte in den Ballungsräumen und –kernen festzustellen: 62 Prozent der Coworking Spaces sind in den kreisfreien Großstädten zu finden. Hier ist die einwohnerbezogene Coworking-Dichte (Karte 2: Coworking Spaces je 100.000 Einwohner) mit 3,01 deutlich höher als außerhalb der Großstädte. Interessanterweise sinkt die Coworking-Dichte nicht mit abnehmender Einwohnerdichte, sondern ist in den dünn besiedelten ländlichen Kreisen sogar etwas höher (0,96) als in den ländlichen Kreisen mit Verdichtungstendenzen (0,85) sowie den städtischen Kreisen (0,78). Dies hängt mit den dort häufig vorzufindenden freizeit- und urlaubsorientierten Coworking-Angeboten zusammen – Stichwort Workation. In Karte 2 ist dies in einigen Kreisen und kreisfreien Städten im Alpenvorland sowie an der schleswig-holsteinischen Küste erkennbar.

Karte 2

Bei den Coworking Spaces klassischer Prägung steht das kollaborative Arbeiten in offen gestalteten Räumen im Vordergrund. Sogenannte Hybrid Spaces (Karte 3) ergänzen das Konzept um Elemente eines Business Centers und bieten neben offenen, gemeinschaftlich genutzten Flächen auch größere Bereiche mit zeitlich flexibel anmietbaren Privatbüros. Auf dieses Konzept, das mittlerweile mehr als die Hälfte der Coworking-Flächen in Deutschland ausmacht, setzen insbesondere die großen Coworking-Filialisten. Karte 3 zeigt, dass sich die hybriden Angebote in den Ballungsräumen und – kernen konzentrieren, während im ländlichen Raum die klassischen Coworking Spaces dominieren. Dies hängt vor allem damit zusammen, dass die auf Hybrid Spaces setzenden großen Coworking-Filialisten sich in den Kernbereichen der Ballungsräume konzentrieren und bisher nur wenige, zumeist regional agierende Filialisten im ländlichen Raum zu finden sind.

Karte 3

Ganz unterschiedliche Betreiber
Karte 4 zeigt die räumliche Verteilung der Coworking-Standorte differenziert nach dem Betreibertyp: Am häufigsten sind Coworking Spaces vorzufinden, die von Personen oder Unternehmen im Nebenerwerb betrieben werden (Anteil ca. 36 Prozent). Sie zeichnen sich durch zwei Muster aus: Zum einen bieten Gewerbetreibende beispielsweise aus der Kreativwirtschaft Coworking Spaces als zweites Standbein an, um zusätzliche Einnahmequellen zu erschließen. Zum anderen bieten auch Hotels oder Cafés Coworking-Flächen an, um eine höhere Frequenz für die eigentliche Immobiliennutzung zu erzeugen (Stichwort Workation).

Ebenfalls sehr häufig vorzufinden sind große Coworking-Betreiber mit mehr als drei Standorten. 31 Prozent der Coworking Spaces lassen sich diesem Betreibertyp zuordnen. Bezogen auf die Nutzfläche ist dies sogar der wichtigste Betreibertyp. Daneben lassen sich kleinere Betreiber mit einem bis maximal drei Standorten (Anteil ca. 18 Prozent), öffentliche Betreiber wie z.  B. Wirtschaftsförderungsgesellschaften (Anteil ca. neun Prozent) sowie Genossenschaften, Vereine und selbstorganisierte Gruppen (Anteil ca. sechs Prozent) als weitere Betreibertypen abgrenzen.

Karte 4

87 Prozent der Standorte der großen Coworking-Betreiber befinden sich in Großstädten. Bei den Standorten außerhalb der Großstädte handelt es sich bei etwa jedem zweiten (47 Prozent) um nebenberuflich geführte Coworking Spaces. Auch kleine Betreiber sowie öffentliche Betreiber sind hier stark vertreten – sie machen außerhalb der Großstädte jeweils fast 20 Prozent aus.

Gravierende Unterschiede bei Größe und Miete
Die Standorte der großen Betreiber sind im Schnitt mit knapp 3.000 m² um ein Mehrfaches größer als die Standorte von kleinen (ca. 930 m²), den nebenberuflichen sowie den öffentlichen Betreibern (490 bzw. 640 m²). Mit Abstand am geringsten ist die durchschnittliche Größe der genossenschaftlich, durch Vereine oder selbstorgansiert betriebenen Einrichtungen (ca. 300 m²).

Ähnlich gestalten sich die Unterschiede bei den aufgerufenen Mietpreisen (Karte 5). An den Standorten der großen Betreiber werden pro Monat im Durchschnitt deutlich höhere Preise (255 Euro) für einen Arbeitsplatz erzielt als an den Standorten der kleinen Coworking-Betreiber (212 Euro) oder in den nebenberuflich geführten Coworking Spaces (198 Euro). Noch niedriger sind die Preise in den von öffentlichen Institutionen geführten Coworking-Spaces (159 Euro) sowie in den genossenschaftlich oder in Vereinsform geführten Standorten (139 Euro). Die Zahlen sind allerdings aufgrund der unterschiedlichen Arbeitsangebote (Flex-Desk bzw. keine festen Arbeitsplätze mehr innerhalb eines Büros versus Fix-Desk-Arbeitsplatze) nur bedingt vergleichbar. In der Karte 5 wird sichtbar, dass die Preise in den Großstädten deutlich höher sind als in den Kleinstädten. Die niedrigsten Preise werden in den Landgemeinden aufgerufen. Zudem gibt es klare regionale Unterschiede: So sind die Preise in prosperierenden Regionen deutlich höher als in strukturschwachen ländlichen Räumen. Karte 5 zeigt, dass besonders im Süden Deutschlands überdurchschnittlich hohe Preise aufgerufen werden.

Karte 5

Fazit
Coworking – erstmals 2005 in San Francisco beworben – war zunächst auch in Deutschland ein urbanes Phänomen, wo die großen Betreiber überwiegen. Inzwischen gibt es jedoch auch zunehmend Coworking Spaces in ländlichen und peripheren Gebieten, wo kleinere Betreiber bzw. öffentliche Anbieter, Genossenschaften und Vereine Möglichkeiten zum Coworking schaffen und Workation – die Kombination von Arbeit und freizeit- und urlaubsorientierten Angeboten – möglich ist.