Kartographie

Die Karte – Einführung, Grundlagen

Die Karte ist ein abstrahierendes und zugleich anschauliches graphisches Zeichenmodell von Teilen des oberflächennahen Bereichs der Erde (Georaum) oder anderer Himmelskörper bzw. von Konstruktionen (Ideen, Planungen), die sich auf deren Oberflächen beziehen. Wie jedes Modell vereinfacht und verallgemeinert die Karte die Wirklichkeit zweckbezogen. Im Rahmen ihrer Zweckbestimmung dient sie der Speicherung und der Vermittlung von Informationen und Wissen sowie dem Erkenntnisgewinn über diese Räume. Das graphische Modell Karte lässt sich digital beschreiben. Es kann aber erst dann als Karte i.e.S. bezeichnet werden, wenn das digitale Modell visualisiert wird.

Gemäß dem Modellcharakter beschränkt bzw. konzentriert sich die Darstellung auf den der Zweckbestimmung entsprechenden Teil des Gesamtgegenstandes, d.h. auf

  • einen horizontalen (räumlichen) Ausschnitt des Georaumes (Ausnahme: Gesamtdarstellungen der Erde);
  • einen als Kartengegenstand oder -thema bezeichneten vertikalen (sachlichen) Ausschnitt des Georaumes (der Litho-, Pedo-, Hydro-, Atmo-, Bio- oder Soziosphäre);
  • einen bestimmten Zustand oder Zeitabschnitt bzw. auf vornehmlich der Orts- und Lagebeschreibung dienende Objekte (topographische oder geographische Karte);
  • einem speziellen Sachbereich zugeordnete Objekte und Erscheinungen (thematische Karte)

Merkmale der Karte sind:

  1. die mathematisch definierte, nie verzerrungsfreie Verebnung (Kartennetzentwürfe) und Verkleinerung (Maßstab) der Quasi-Kugeloberfläche der Erde auf einen Zeichnungs-/ Druckträger oder Bildschirm;
  2. die hohe Anschaulichkeit infolge der geometrischen Ähnlichkeit (Homologie) zur Erdoberfläche und der damit verbundenen Wahrung von Lagebeziehungen;
  3. die Verwendung graphischer Zeichen (Kartenzeichen) entsprechend den Regeln der Graphiklehre, d.h. unter Ausnutzung der Eigenschaften der graphischen Variablen, sowie die Erklärung der Bedeutung der Kartenzeichen in einer Legende;
  4. die Verwendung spezifischer Methoden der graphischen Abstraktion, mit der eine begriffliche Abstraktion einhergeht (kartographische Generalisierung und kartographischen Darstellungsmethoden). Diese resultieren aus der maßstäblichen Verkleinerung und der strukturellen Verschiedenheit der darzustellenden Objekte und Erscheinungen des Georaums (ihrer diskreten Verteilung oder kontinuierlichen Verbreitung sowie ihrer – bezogen auf den Maßstab – flächen-, linien- oder punkthaften Natur);
  5. die Verwendung von benennender und erklärender Schrift (geographische Namen, Bezeichnungen, Zahlen).

Im Unterschied zu den meisten Hand- und Hausatlanten dominieren in Nationalatlanten thematische Karten. Ihr Inhalt geht stets über die reine Orts- und Lagebeschreibung zum Zwecke der Orientierung oder der allgemeinen Information hinaus. Thematische Karten vermitteln vornehmlich Vorstellungen, Einsichten und Zusammenhänge über die Verbreitung und Verteilung der zur Darstellung ausgewählten Erscheinungen, Sachverhalte und Entwicklungen im geographischen Raum. Die thematische Darstellung kann hierbei qualitativen oder quantitativen (absolut oder relativ) Charakter haben, aber auch Veränderungen in einem gegebenen Zeitraum zeigen. Für einen solchen Zweck reichen einfache orts- und lagebeschreibende Kartenzeichen nicht aus. Daher hat die Kartographie im Verlaufe ihrer Herausbildung zur eigenständigen Wissenschaft Methoden entwickelt, die eine dem Charakter jedes Gegenstandes angemessene graphische Wiedergabe erlauben.

Bedingt durch den Fortschritt von Wissenschaft und Technik stellt sich stets aufs neue die Frage: Was überhaupt ist eine Karte? Die Karte wird heute als Mittel der Information und Kommunikation oder als eine besondere Art von Informationsspeicher angesehen. Andere theoretische Ansätze heben Aspekte der Semiotik (der Theorie der Zeichen) hervor und gehen davon aus, dass eine besondere Zeichensprache, die sog. Kartensprache, existiert. Weithin anerkannt und praxisbezogen ist es, Karten als grafische Modelle des Georaums zu betrachten. In Fachkreisen wird die Bearbeitung von Karten daher häufig als kartographische Modellierung bezeichnet. Einige ihrer wichtigsten theoretischen Grundlagen werden nachfolgend skizziert.